Wie ticken Jugendliche? Was ist ihnen wichtig? Wie sehen sie Ihre Zukunft, welche Haltung haben sie zu aktuell gesellschaftlichen diskutierten Fragen?

Die SINUS- Studie erforscht seit 2008 alle vier Jahre die Lebenswelten von Jugendlichen in Deutschland.

2016 haben Forscher mit 72 Jugendlichen im Alter zwischen 14 und 17 Jahren lange und persönliche Interviews geführt.

Die befragten Jugendlichen hatten unterschiedliche Schulbildungen und kamen aus verschieden Städten.

Die Fragen drehten sich um die Themen: Digitale Medien und digitales Lernen, Mobilität, Umweltschutz und Klimawandel, Liebe und Partnerschaft, Glaube und Religion, Nation und nationale Identität, Flucht und Asyl.

 

Digitale Mediem und digitales Lernen

Ein Leben ohne Internet und Smartphone- für die Jugendlichen kaum mehr vorstellbar. Viele Jugendliche leben mit ihrem Handy in einer emotionalen Beziehung, starren ständig auf das Display, sind ständig am tippen und haben Angst, etwas zu verpassen, wenn sie mal für ein paar Stunden nicht online sind.

Ein Fazit lautete, dass ohne soziale Medien Ausgrenzung drohe.

Aber es äußern sich inzwischen viele genervt darüber, dass sie das Handy unter Freunden störend empfinden, wenn der Gegenüber nur mit seinem Handy beschäftigt sei und sich nicht mehr aktiv am Gespräch beteilige.

Mobilität

Auf Grund der günstigen Kosten entscheiden sich die Jugendlichen für die öffentlichen Verkehrsmittel. Mit dem öffentlichen Personennahverkehr gaben sie an, dass sie im Großen und Ganzen zufrieden seien.

Während des Fahrens mit dem öffentlichen Personennahverkehr, gaben viele Jugendliche an, dass sie gerne mit Freunden fahren, oder einfach nur die Zeit für sich genießen würden.

Jugendliche, die auf dem Land leben, haben eher das Bedürfnis, schnell einen Führerschein zu machen und als späteres Ziel ein eigenes Auto zu haben, welches schließlich zum Erwachsenwerden dazugehört.

Umweltschutz und Klimawandel

Jugendliche, die einen höheren Schulabschluss haben sind gut informiert über die ganzen Zusammenhänge und sehen den Umweltschutz als eine wichtige Aufgabe für die Zukunft.

Viele gaben an, dass sie glauben, allein wenig ausrichten können und ihnen die Zeit fehle, sich aktiv in Vereinen gegen den Umweltschutz zu engagieren.

Viele Fragen sich auch, ob sich die Zerstörung der Erde überhaupt noch aufhalten lasse.

Beim Thema Klimawandel spalten sich die Meinungen. Es fällt ihnen schwer, den Durchblick zu behalten.

Das Thema Klimawandel ist für sie geographisch noch so weit entfernt, so dass beim Thema Klimawandel weniger unternommen wird.

Liebe und Partnerschaft

Vertrauen, Ehrlichkeit und Verlässlichkeit – dies sind heutzutage die zentralen Voraussetzungen für eine Partnerschaft.

Etwa die Hälfte aller Befragten hatte noch keine feste Beziehung, aber war schon einmal verliebt.

Beständigkeit in der Beziehung hat bei den Jugendlichen einen hohen Wert. Häufig wechselnde Beziehungen sind weder erwünscht, noch gut angesehen.

Auch Sex spielt keine große Rolle mehr in einer Beziehung.

Spätestens bis Mitte 30 wünschen sich die Jugendlichen eine eigene, stabile Familie.

Viele koppeln dieses auch an einem guten Beruf.

Glaube und Religion

Jugendliche sind an Fragen des Lebens interessiert: Was passiert nach dem Tod? Gibt es wirklich jemanden „dort oben“?  Dabei macht es keinen Unterschied, welcher Religion man angehört, oder eben auch keiner.

Viele der befragten Jugendlichen haben kein „Schubladendenken“ und nehmen Konflikte, bei denen der Islam eine Rolle spielt, sehr differenziert wahr.

Sie versuchen meist zwischen dem Islam als Religion und der religiös begründeten Gewalt zu unterscheiden. Religiöse Gewalt lehnen lehnen Jugendliche aufs Schärfste ab.

Nation und nationale Identität

Nationale Identität hat für viele Jugendliche keine Bedeutung. Sie setzen den Begriff mit „Herkunft“ gleich. „Nationalität“ wird zusätzlich bei Jugendlichen mit guter Bildung auch als etwas negatives empfunden, zum Beispiel die historische Last.

Zur deutschen Hymne, der Flagge und dem Reichsadler- dazu haben sie in der Regel keinen emotionalen Bezug zu.

Flucht und Asyl

Das Thema Flucht ist noch heute ein dominierendes Thema in der Gesellschaft. Die Mehrheit der Befragten waren dafür, dass man noch mehr Flüchtlinge aufnehmen sollte, solange Deutschland die Kapazitäten dafür hat.

Viele sprachen Bewunderung aus, für die Flucht und in einem völlig fremden Land einen Neuanfang zu beginnen.

Ein Teil der Befragten äußerte aber auch ablehnende Haltungen gegenüber Flüchtlingen. Meistens übers „Hörensagen“. Das größte Problem ist hierbei die Feindlichkeit gegenüber Flüchtlingen.

Die SINUS Lebenswelten

Sieben Mal deutsche Jugend

Die Konservativ-Bürgerlichen

Die familien- und Heimatorientierte Gruppe schätzt ihre Bodenständigkeit, Vernunft, Pflichtbewusstsein und Pünktlichkeit. Sie beschreiben sich selbst als unauffällig, sozial, häuslich gesellig und ruhig.

Sie gehen sparsam und kontrolliert mit ihrem Geld um. Sie sind sehr heimatnah und regional verwurzelt. „No risk, no fun“- davon halten Konservativ-Bürgerlichen Jugendliche garnichts. Ihr Motto: „Lieber auf Nummer sicher gehen.“

Die Prekären

Ihre Vorbilder sind die Kämpfer. Unter anderem Christiano Ronaldo „weil er nie aufgegeben hat, immer seine Ziele im Auge hatte.“

Viele von ihnen wünschen sich, einmal Gewinner von DSDS zu werden, Fußballprofi oder sogar Ingenieur. Wie sie diese Ziele erreichen sollen, wissen jedoch die wenigsten.

Da sie selbst ausgegrenzt werden, wenden sich Prekäre ohne Migrationshintergrund gegen Fremde. „Ausländer nehmen die Arbeitsplätze und Frauen weg.“

Aufgehoben fühlen sie sich in der Musik, vor allem im Rap. Sie spielen gerne Computer, da man dabei seine „Wut rauslassen kann“.

Die Adaptiv-Pragmatischen

Sie sind mit dem deutschen Wirtschafts- und Sozialsystem zufrieden. Arbeit sollte ihrer Ansicht nach gelobt und anerkannt werden. Sie ziehen sich gerne gut an und versuchen sich anzupassen.

Adaptiv-pragmatische Jugendliche mit Migrationshintergrund schätzen die Offenheit und den sozialen Zusammenhalt ihrer Herkunftskultur. Nach der Schule gehen sie gerne ins Kino oder lesen Bücher wie „Harry Potter“ oder „Twilight“. Sie werden weder gemobbt, noch mobben sie.

Die materialistischen Hedonisten

Die materialistischen Hedonisten möchten Spaß und ein gechilltes Leben- und dazu gehört Shoppen, Party, Geld ausgeben und in den Urlaub fahren.

Ihr Motto lautet Yolo.

Von den Reichen grenzen sie sich ab, genauso wie von denen, die keinen Wert auf Konsum legen.

In der Zukunft wollen sie „irgendwie glücklich werden“. Mit Familie, Haus und Beruf. Es soll aber luxuriöser sein als in ihrer eigenen Kindheit. Es darf auch gerne ein Mercedes sein.

Die experimentalistischen Hedonisten

Die experimentalistischen Hedonisten leben im Hier und Jetzt. Bei ihnen werden Regeln gebrochen und Grenzen überschritten. Sie wollen einzigartig sein. Alles ausprobieren: Alkohol, Zigaretten, Drogen, Sex. Über die Zukunft machen sie sich keine Gedanken. Sie können es nicht erwarten, endlich aus dem Elternhaus zu ziehen, in eine eigene Wohnung. Routine ist für sie gar nichts. Mit „Normalos“ wollen sie nichts zu tun haben.

Die Sozialökologischen

Rassismus und Luxus lehnen sie ab. Sie verstehen sich als ein Teil der Gesellschaft und ihre Meinung mitzuteilen als ihre Pflicht.  “Ich bin jetzt auch Klassensprecherin und für nächstes Schuljahr auch Schülersprecherin, das heißt irgendwo muss ich bestimmt streichen.“

Sie geben selbst an, dass sie eine schöne Kindheit gehabt haben. Ihr Traum ist es mit ihren Freunden als „Backpacker durch Thailand oder Indien reisen“.

In ihrer Freizeit lesen sie gerne oder spielen Musikinstrumente.

Die Expeditiven

Sie sehen sich als einzigartig, interessant und stilbewusst. Sie lieben das Extreme, gehen am Wochenende feiern und vermeiden das spießbürgerliche Leben.

Sie haben überwiegend ältere Freunde, mit denen sie viel „abhängen“ und fühlen sich dabei älter, als sie sind.

Vor dem Fernseher sitzen sie eigentlich nie, dafür kennen sie sich bestens mit britischen und amerikanischen Sendungen, wie zum Beispiel Dr. House, aus.

Text // Mona Schanowske