Die Flucht vor dem Krieg in eine neue Heimat

Der folgende Artikel von Oday Ghneem ist in einem m80-Redaktions-Workshop entstanden.


Ich bin ein Palästinenser aber Damaskus ist für mich wie meine Heimatstadt, weil ich da geboren und aufgewachsen bin, wie meine Eltern auch. Allerdings halten wir unsere palästinensiche Tradition hoch und lebten mit unseren Großeltern und Verwandten in einer palästinensichen Gesellschaft in Damaskus.

Ich war ein lebhaftes Kind und mochte es immer gerne, meine Freunde in unserer großen Stadt zu treffen sowie ins Fußballtraining zu gehen und mit ihnen auf dem Kunstrasenplatz zu spielen, auf den ich aus meinem Balkon schauen konnte. Ich liebte die Zeiten, als meine Familie sich jedes Wochenende bei meinem Opa und meiner Oma getroffen hat und wir gemeinsam gegessen und gelacht haben. Zudem war mir die Schule mega wichtig und ich habe jeden Tag gelernt und mich auf den nächsten Schultag vorbereitet. Bis zur 7.Klasse bzw. zu meinem letzten Schuljahr in Damaskus hatte ich jedes Jahr den besten Notendurchschnitt meiner Klasse und in der 7.Klasse den besten der gesamten Schule sogar. Alle meine Zeugnisse hab ich nach Deutschland mitgenommen, weil sie mich immer an einen der schönsten Momente meines Lebens erinnern, als meine Eltern mich von der Schule abholten, sich das Zeugnis anschauten, mich umarmten und sagten, dass sie stolz auf mich sind!

Keiner hat es sich vorgestellt, dass wir plötzlich Schüsse in unserer Stadt hören oder Waffen und Bomben auf unseren Straßen sehen werden. Das war für uns wie ein Alptraum. In Syrien geht es um eine Revolution gegen den Präsidenten Baschar Alassad, der Diktator, der sein Volk tötet um in der Macht zu bleiben und weiter zu herrschen. Am 15. März 2011 hat alles harmlos begonnen: Jugendliche aus der südsyrischen Stadt “Daraa” haben “das Volk will den Sturz des Regime” an die Wände als Graffiti gesprüht. Die Jugendlichen wurden verhaftet und die Protestbewegung wurde brutal Niedergeschlagen, denn die Armeemänner haben viele Protestenten erschossen und verhaftet. Nach paar Monaten hat es sich zu einem Krieg entwickelt und es wurde die “freie syrische Armee” gegründet. Sie ist der bewaffnete Arm der Gruppe „Nationalkoalition syrischer Revolutions- und Oppositionskräfte“ und besteht aus Soldaten und Militären, die die Regierungsarmee verlassen haben.

© ibrandify

Trotz den getriebenen Gemetzeln von der Regierung an die Zivilisten in verschieden Städten wie “Daraa” und “Homs” haben wir in Damaskus ganz normal gelebt aber nach einem Jahr verlor die Hauptstadt langsam die Sicherheit wegen den bewaffneten Milizen aus dem Ausland wie Al-nusra-Front und Isis, die reingekommen sind und sich in den Konflikt eingemischt haben. Die Leute wussten, dass der Krieg bald bei uns beginnt und die Meisten sind ausgewandert, wir auch. Ich war total traurig, ein Junge der seine Heimat, seine Freunde und seine Familie über alles liebt aber sie mit Tränen in den Augen verlassen musste. Wir hatten in dieser Zeit immernoch die Hoffnung, dass wir nicht lange im Ausland bleiben und bald wieder nach Hause zurückkommen. Am 14. November 2012 bin ich mit meiner Familie nach Ägypten geflogen und ein Monat später wurde die Hauptstadt bombardiert und der Kampf zwischen der Regierung, den Milizen und der freien syrischen Armee hat begonnen. Währenddessen war unsere Hoffnung in die Heimat zurückzukehren langsam am Verschwinden.

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Nach sechs Monaten sind wir in Deutschland gelandet, der Wendepunkt meines Lebens. Am Anfang war es für mich nicht leicht, mich wieder in eine neue Gesellschaft zu integrieren, denn abgesehen von der neuen Kultur oder vom neuen Land in dem ich lebe war die Sprache mein Schwerpunkt bis mein Schulleben in September 2013 begonnen hat. In meinem ersten Jahr auf der Schule hatte ich jeden Tag eine Schulstunde Deutschkurs und meine Klassenkameraden sowie die Lehrer waren sehr nett zu mir und haben mit mir auf Englisch geredet, dass ich sie verstehe.

Die Sprache war für mich lange ein Problem, was ich durch den Umgang mit meinen Freunden gelöst hab, denn ich dadurch meine Deutschkentnisse immer verbessern konnte. Auch als mein Deutsch schlecht war hab ich stets versucht, mit den Leuten zu reden und die neuen Wörter, die ich lernte zu benutzen, denn das ist meiner Meinung nach der beste Weg um eine neue Sprache so schnell wie möglich zu lernen.

Seitdem ich meine Heimat verlassen hab, war meine Hoffnung, dass wir einen neuen Platz finden, wo ich meine Bildung weiter entwickle und mit meiner Familie in Sicherheit leben kann und das hat sich hier Gott sei dank erfüllt. Zudem haben meine Eltern sehr schnell einen Job gefunden und meine Schwestern gehen in die Realschule. Momentan besuche ich die Fachoberschule mit dem Ziel Abitur zu erreichen und danach Wirtschaftsinformatik zu studieren. Aus dem Grund gebe ich immer mein bestes und versuche, einer der besten Schüler zu werden wie ich in meiner Heimat war.

Ich hoffe, dass der Krieg so bald wie möglich beendet wird und dass der Frieden endlich mal wieder in meiner Heimat herrscht, um sie wieder aufzubauen.