Über 170.000 Menschen sind 2014 nach Deutschland geflüchtet. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr rund 202.834 Asylanträge gestellt. Das betrifft allerdings nicht nur die Bundesrepublik: Die steigende Zahl von Asylsuchenden ist ein weltweites Phänomen, das durch die Eskalation internationaler Konflikte verursacht wird. Deutschland ist nicht, wie es oft heißt, Zielland Nummer eins. Jeder fünfte Asylbewerber in Deutschland kommt aus Syrien (41.100). Die Zahl der syrischen Kriegsflüchtlinge hat sich somit im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdreifacht. An zweiter Stelle kommen Asylsuchende aus Serbien (27.150) mit einem Anstieg von 50 Prozent. Besonders stark ist die Zahl der Eritreer gestiegen, die in Deutschland Asyl beantragt haben: von 3.600 im Jahr 2013 auf 13.250.

Auch in der Europäischen Union ist die Zahl der Asylsuchenden im vergangenen Jahr deutlich gestiegen: von 435.000 auf rund 600.000. In einigen Ländern hat die Zahl der Anträge im Vergleich zu 2013 besonders stark zugenommen: In Dänemark um 85 Prozent. In Italien sogar um 87 Prozent. In Deutschland nahm die Zahl der Anträge um 26 Prozent zu. Die Unterbringung von Asylsuchenden stellt in Deutschland vor allem die Bundesländer und Kommunen vor immer größere Herausforderungen. Bereits im Sommer 2014 schlugen viele Landesregierungen Alarm. Fast überall werden derzeit die Unterbringungskapazitäten erweitert, oft durch Notunterbringungen

Die Zahl der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge betrug dabei 42.100. Davon waren 89 Prozent Jungen. Im Durchschnitt dauert ein Asylverfahren 8,4 Monate, für Minderjährige mindestens ein ganzes Jahr. Was geschieht eigentlich mit dem Strom an Asylbewerbern, von dem die Nachrichten durchgehend berichten? Diese Frage stellten wir, die Schüler des Gymnasiums der Benediktiner Schäftlarn, uns im Rahmen des P-Seminars „Journalismus“ unter der Leitung von Ingeborg Lutz Dazu sahen wir uns in unserer Umgebung um und sprachen mit dem Verwalter des Klosters Schäftlarns, Stefan Rührgartner, der auch Initiator des Helferkreises ist, sowie mit dem Bürgermeister der Gemeinde Schäftlarn, Dr. Matthias Ruhdorfer. Dabei erfuhren wir folgendes: Jeden Morgen steht ein Bus voll mit Asylbewerbern vor dem Landratsamt, die nach einem bestimmen Schlüssel auf die Gemeinden und Landkreise verteilt werden müssen. Die Gemeinde Schäftlarn ist danach verpflichtet bis zu 40 Asylbewerber aufzunehmen.

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Der Bürgermeister ist behilflich bei der Unterbringung, zahlt die finanziellen Mittel aus und kümmert sich mit dem Ordnungsamt um die Wohnungen. In Schäftlarn beherbergen bereits seit längerer Zeit sowohl die katholische als auch evangelische Kirche je eine Familie. Seit Dezember stellt nun auch das Kloster der Benediktiner eine Unterkunft für Asylbewerber zur Verfügung. Es gab zwei Hauptgründe, weshalb das Kloster beschlossen hat, das Gebäude in der Münchnerstraße in ein Heim für Asylbewerber umzugestalten:

Der erste Grund war ein Telefonat im September des vorvergangenen Jahres mit der ehemaligen Landrätin Johanna Rumschöttel, die dringend nach Unterbringungsmöglichkeiten suchte. Zu genau dieser Zeit stand das Haus schon leer und neue Mieter wurden gesucht.

Der zweite Grund ist die christliche Nächstenliebe. Papst Franziskus hatte bei seinem Besuch in Lampedusa im Juli 2013 zur Hilfe für die Flüchtlinge aufgerufen. Abt Petrus vom Kloster Schäftlarn entschied daraufhin, das Gebäude Asylbewerbern zur Verfügung zu stellen. Das Haus ist mit der Basisausstattung fertig eingerichtet. Dazu gehören Waschmaschine, Kühlschrank, Herd, Kochgeräte und Geschirr, Bett mit Bettzeug, abschließbare Schränke.

 

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Diese Einrichtung ist vom Landratsamt vorgeschrieben und wird auch von diesem zur Verfügung gestellt. Die Asylbewerber erhalten ein sogenanntes Hand- oder Taschengeld, das monatlich im Rathaus in bar ausgehändigt bekommen. Von diesem Geld bezahlen sie zum Beispiel Essen und Kleidung. Außerdem erhalten sie weitere Zuwendung, wie Deutschkurse, Kinderbetreuung etc. Die Reaktionen auf die Ankündigung, dass in der Münchnerstraße eine Asylbewerberunterkunft bereitgestellt werde, waren gemischt. Viele Nachbarn waren nicht erfreut, hatten Angst und schrieben sogar Briefe, in denen sie ihre Bedenken äußerten. Gespräche mit dem Bürgermeister und Vertretern des Landratsamtes bewirkten jedoch, dass sich die Lage entspannte. Doch gab es auch positive Aspekte.

Es wurde ein Helferkreis gegründet, der mittlerweile 90 Mitglieder umfasst. Dieser wurde in mehrere Aufgabenbereiche eingeteilt. Es gibt die „Mobilitätsgruppe“. Diese besteht zum größten Teil aus Rentnern, die die Flüchtlinge bei U- und S- Bahn Fahrten begleiten, zum Beispiel bei Behördengängen. Eine weitere Gruppe kümmert sich um die Integration der Flüchtlinge in die Gemeinde. Sie sorgen unter anderem dafür, dass Jungs am Fußballtraining teilnehmen können und Familien Freikarten für Konzerte bekommen. Den Deutschunterricht übernimmt eine dritte Gruppe von Freiwilligen aus der Gemeinde. Nicht jeder Flüchtling spricht englisch und deshalb stellt das Erlernen der deutschen Sprache eine große Herausforderung da. Besonders stolz ist die Gemeinde Schäftlarn auf einen ehemaligen Asylbewerber, der heute fest in Schäftlarn wohnt und sich vollständig integriert hat. Dieser beherrscht auch spezielle Dialekte und ist damit eine sehr große Hilfe für den Sprachunterricht.

Seit Dezember des vergangenen Jahres standen nun Haus und Helfer bereit. Am Mittwoch, 21. Januar, war es dann soweit, fünf Familien aus Nigeria bzw. Syrien zogen ein. Auf die ehrenamtlichen Helfer kommen die ersten Aufgaben zu, wie Hilfe bei der Anmeldung aller Asylbewerber bei der Gemeinde sowie bei der Beantragung eines Landkreispasses. Sobald feststeht, wo und ob die 15 Kinder einen Kindergarten- oder Schulplatz erhalten, müssen die sie ausgestattet werden mit Schulranzen etc. Die vom Landratsamt eingesetzte Sozialbetreuerin muss regeln, ob und wo die Eltern eine Sprachenschule besuchen können. Wir, die Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums der Benediktiner Schäftlarn, haben uns vorgenommen, uns um die Kinder zu kümmern, sobald sie sich ein wenig eingewöhnt haben. Vielleicht können wir in der nächsten Ausgabe der M80 schon darüber berichten.

Zwei Fragen an den Bürgermeister

Annika: „Herr Ruhdorfer, welche Aufgaben hat der Bürgermeister bei der Unterbringung und Versorgung von Asylbewerbern?“

Bürgermeister Matthias Ruhdorfer:

„Jeden Morgen steht ein Bus voll mit Asylbewerbern vor dem Landratsamt, die nach einem bestimmen Schlüssel auf die Gemeinden und Landkreise verteilt werden müssen. Die Gemeinde Schäftlarn ist danach verpflichtet bis zu 40 Asylbewerber aufzunehmen. Der Bürgermeister ist behilflich bei der Unterbringung, zahlt die finanziellen Mittel aus und kümmert sich mit dem Ordnungsamt um  die Wohnungen“.

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Philip: „Wie finanzieren die Asylbewerber ihren Lebensunterhalt?“

Ruhdorfer: „Die Asylbewerber erhalten ein sogenanntes Hand- oder Taschengeld, das monatlich im Rathaus in bar ausgehändigt bekommen. Von diesem Geld bezahlen sie zum Beispiel Essen und Kleidung. Außerdem erhalten sie weitere Zuwendung, wie Deutschkurse, Kinderbetreuung etc.“.

 

Text // Annika Lippert, Ruven Bircks, Leon Schmid, Elias Emmert Philip Mantz, Sophie Melzer, Hubert Christopher Radtke, Clara Schmitz, Sebastian Moll de Alba Dessloch