Ein Jahr im Ausland ist eine große persönliche Herausforderung. Neben unzähligen spannenden Erlebnissen, stellt es an einen jedoch auch einige Anforderungen.

Als Austauschschüler erlebt man eine andere Kultur, gewinnt neue Freunde und erlernt fast so ganz nebenbei die Sprache des Gastlandes. Zu einer solchen Zeit im Ausland gehört allerdings auch immer der Alltag mit neuen Regeln und Problemen. Toleranz, Flexibilität, Neugierde, Durchhaltevermögen und Aufgeschlossenheit sind Grundvoraussetzungen für einen gelungenen Auslandsaufenthalt.

 

Drei Schüler berichten über ihre Erlebnisse, Chancen, aber auch zu beachtende Dinge:

Leon lebte sieben Monate in einem Internat nahe Boston, Philip, erfuhr ein halbes Jahr Neuseeland und Julius verbrachte ein ganzes Jahr in Kanada.

Sobald die Entscheidung, einen Zeitraum im Ausland zu verbringen, gefallen ist und das Vorhaben mit Eltern und Schule abgeklärt wurde, solltest du dich so frühzeitig wie möglich bei einer vermittelnden Organisation oder in speziellen Fällen direkt bei der Schule im Ausland bewerben (mindestens ein dreiviertel Jahr im Voraus).

Bei deiner Bewerbung musst du dich nicht nur für das Land, in dem du einen Teil deiner Schulzeit verbringen willst, entscheiden, sondern auch für wie lange. Hierbei steht dir zwischen zwei Monaten und einem Jahr alles offen. Abhängig von Organisation und Land ist es manchmal sogar möglich die Schule oder den genauen Ort auszusuchen. Deine Bewerbung wird von der Organisation an die betreffenden Schulen geschickt, die dann deine Gastfamilie aussucht. Hierbei werden Kriterien wie z. B. gemeinsame Interessen beachtet, um eine für dich passende Gastfamilie zu finden. Falls es doch zu Problemen kommen sollte, sind Vertrauenslehrer an der jeweiligen Schule für dich da. Sie versuchen einen Dialog herzustellen, helfen dir im Notfall sogar eine neue Familie zu finden und sorgen auch bei sonstigen Schwierigkeiten für dich.

Bevor es dann endlich losgeht, findet meist ein optionales Vorbereitungsseminar statt, das dich mit hilfreichen Tipps und Tricks versorgt. Außerdem lernst du andere Austauschschüler kennen, mit denen du nach und während deiner Reise Erlebnisse teilen kannst.

Von seien vielfältigen Erlebnissen, nachdem er dieses Prozedere durchlaufen hatte, berichtet Julius:

Nach langer und intensiver Vorbereitungszeit ging es für mich endlich los nach Victoria in der kanadischen Provinz British Columbia.

Dort angekommen, war ich doch sehr erleichtert als ich am Ausgang des Terminals meine Gastfamilie entdeckte, welche ich bisher nur auf über E-Mails ausgetauschten Fotos gesehen hatte. Es folgte eine herzliche Begrüßung und anschließend ging es endlich nach Hause, wo ich mich nach dem langen Flug vollkommen erschöpft in das so lange ersehnte Bett warf und sofort einschlief

© Leon Schmid, Philip Mantz, Julius Hubert

Der eigentliche Aufenthalt begann mit einer sogenannten „orientation week“, die vom Schuldistrikt für alle „internationals“, also alle Austauschschüler, organisiert wurde.

Während dieser Woche wurden mir viele nützliche Informationen über Land und Leute sowie über das Alltags- und Schulleben in einer Art von aufgelockertem Unterricht nahe gebracht. So schloss ich gleich zu Beginn viele Freundschaften mit unzähligen anderen Austauschschülern, mit denen ich viele der neuen Erfahrungen zusammen durchleben würde.

Doch der Schullalltag ließ nicht lange auf sich warten. Trotz anfänglicher Probleme, wie Orientierungsschwierigkeiten (in einer Schule mit ca. 1400 Mitschülern) gewöhnte ich mich doch sehr schnell an das Schulleben in der Oak Bay High School, welches sich im Großen und Ganzen nicht von dem in einem heimischen Gymnasium unterscheidet. Nach der Schule traf ich mich mit Freunden, machte Sport oder entspannte an einem der überall um die Stadt verteilten Strände am Meer.

Da es in Kanada außer den drei Monate langen Sommerferien nur noch jeweils Ferien an Weihnachten und Ostern gibt, sehnte ich mich diesen besonders entgegen. Während diesen zwei Wochen verbrachte ich viel Zeit mit meinen Gastgebern, ging Skifahren und fuhr mit der Fähre aufs Festland, um die nahegelegene Millionenstadt Vancouver zu besichtigen.

© Leon Schmid, Philip Mantz, Julius Hubert

Als besonderes persönliches Highlight galt für mich der 10 Tage lange Autotrip mit meiner Austauschfamilie. Unsere Fahrt führte uns über die bekannte Goldgräberstadt Barkerville bis hoch in den Norden nach Prince George. Die Weiterfahrt setzten wir mit einem weiten Schlenker durch den Jasper Nationalpark in den Rocky Mountains fort. Dort erblickte ich eine für mich einzigartige Naturlandschaft mit einer unglaublichen Anzahl von wild lebenden Pflanzen und Tieren. Die Rückfahrt führte uns durch heiße Steppen, immer nah vorbei an der US-amerikanischen Grenze.

Aber leider vergeht die Zeit, in der man Spaß hat, immer viel zu schnell und so rückte der Tag der Abreise schon bald immer näher. Der Abschied von Gastfamilie und Freunden, sowie das Zurücklassen all jener Orte, verbunden mit unzähligen Erinnerungen erwiesen sich als unheimlich bedrückend und schwer. Doch trotz aller Wehmut verließ ich die neu gewonnene Heimat mit unglaublich vielen Geschichten und Erfahrungen im Gepäck und vor allem mit einer riesigen Vorfreude auf das „alte“ Zuhause.

Genauso wie Julius lernten auch Leon und Philip in dieser schnell vorübergehenden Zeit sehr viel über ein fremdes Land und wie die Menschen leben, denken und sich verhalten. Ebenso schlossen auch sie außergewöhnliche Freundschaften mit anderen Mitschülern, mit denen sie im täglichen Miteinander und dem gemeinsamen Sport eng zusammenwuchsen.

Dies sind die Dinge, die Jedem in Erinnerung bleiben werden. Denn rückblickend ist Englisch lernen zwar ein wichtiger Faktor gewesen, überhaupt so etwas zu machen, aber man merkt schnell, dass die Sprache nur nebensächlich ist, da man sich nach kürzester Zeit schon so daran gewöhnt hat und sich ganz andere Erfahrungen einprägen.

Ein Grund dafür ist sicherlich die Nettigkeit und die Gastfreundlichkeit, die die Menschen einem entgegenbringen, wenn man sich das erste Mal auf eigenen Beinen in ein anderes Land begibt

© Leon Schmid, Philip Mantz, Julius Hubert

© Leon Schmid, Philip Mantz, Julius Hubert

Ein weiterer wichtiger Aspekt unseres Aufenthalts war für uns alle drei die Gleichstellung von Unterricht und Sport innerhalb der Schulen. Gleich nach Unterrichtsende strömten die Schüler voller Motivation und Vorfreude in die „lockerrooms“ um sich anschließend zu den Trainingsplätzen der jeweiligen Sportarten aufzumachen. Diese konnten zu Beginn des Schuljahres aus einem riesigen Angebot ausgewählt werden. Wir wählten beispielsweise American Football, Ringen, Fußball und Rudern.

Durch den Sport fanden wir sehr schnell Freunde, da die Menschen einem gegenüber besonders offen waren und auch teilweise neugierig darauf, einen Ausländer kennenzulernen.

Abschließend können wir alle behaupten, dass es keinen Tag gab an dem wir Heimweh verspürten, denn man fühlte sich eher aufgenommen wie in einer großen Familie. Rückblickend bereuen wir keinen einzigen Moment unseres Aufenthalts und ständen wir noch einmal vor der Wahl eine derartige Reise anzutreten, würden wir uns sofort und ohne einen Moment zu zögern auf die Reise machen. Die in unserem Auslandsaufenthalt gemachten Erfahrungen werden uns für immer unvergesslich bleiben.

Text // Philip Mantz, Leon Schmidt und Julius Hubert