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Vor zwei Jahren ist das Telefon berta 0800 3050750 – die bundes-weite, kostenfreie und anonyme Anlaufstelle für Betroffene von organisierter sexualisierter und ritueller Gewalt – gestartet.
Seither bietet berta Menschen Entlastung, Beratung und Unterstützung beim Ausstieg aus organisierten sexualisierten und rituellen Gewaltstrukturen* und unterstützt dar-über hinaus alle, die sich um jemanden sorgen, einen Verdacht haben oder Informationen zum Thema suchen. Seit dem Start im Mai 2019 sind über 8.000 Anrufe bei berta eingegangen, knapp 5.500 Beratungsgespräche wurden geführt. Die Gespräche sind sehr beratungsintensiv und dauern im Durchschnitt eine Stunde. Die ersten Auswertungen der anonymisierten Gesprächsdokumentationen zeigen: Die Existenz und das Ausmaß organisierter sexualisierter und/oder ritueller Gewalt, bei der Täter und Täterinnen auch (pseudo-)religiöse oder andere Ideologien als Rechtfertigung der Taten nutzen, wird nach wie vor vielfach angezweifelt.
Für Betroffene ist das unerträglich, sie haben oftmals schwere sexualisierte, körperliche und psychische Gewalt erlebt, die systematisch geplant und ausgeübt wurde, häufig verbunden mit kommerzieller sexueller Ausbeutung. Komplexe Problemlagen wie fortbestehender Täterkontakt, Abhängigkeiten, fehlende soziale Unterstützung, eine komplexe Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) und/oder eine Dissoziative Identitätsstörung (DIS), d. h. die Aufspaltung der Persönlichkeit in mehrere Teil-Persönlichkeiten, kennzeichnen oft die Situation dieser Betroffenen – und lassen sie dadurch für das Umfeld unglaubwürdig erscheinen. Verbesserte Aufklärung und Unterstützung für den Ausstieg aus diesen Gewaltstrukturen ist dringend erforderlich.
Silke Noack, N.I.N.A. e. V. und fachliche Leitung von berta: „Für Menschen, die organisierte sexualisierte oder rituelle Gewalt erfahren haben, kommt nun auch noch erschwerend hinzu, dass sich ihre Situation durch Corona verschärft hat: Sie leben noch isolierter, können kaum noch Hilfeangebote und Kliniken aufsuchen und betroffene Kinder sind – oftmals ohne Schule und Kita – rund um die Uhr für die Täternetzwerke verfügbar. Ein weiteres sehr belastendes Thema für viele traumatisierte Menschen ist zudem die Maskenpflicht. Viele Täter und Täterinnen maskieren sowohl sich als auch die Betroffenen in diesem Gewaltkontext. Das Tragen von Masken löst bei den Betroffenen diese Erinnerungen wieder aus. Mit berta können wir einen wichtigen Beitrag leisten, diese Betroffenen-gruppe in der Corona-Krise zu unterstützen. Die Fachkräfte am Telefon sind da, sie hören zu und sie begleiten - auch wenn es schwer wird.“
berta Telefon: 0800 3050750 (anonym & kostenfrei)
Sprechzeiten: Dienstag 16 bis 20 Uhr und Freitag 9 bis 13 Uhr (außer an Feiertagen und am 24. und 31. Dezember)
berta ist ein telefonisches Unterstützungsangebot des Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) unter der fachlichen Leitung von N.I.N.A. e. V. (Nationale Infoline, Netzwerk und Anlaufstelle zu sexualiierter Gewalt an Mädchen und Jungen). Die Fachkräfte von berta sind psychologisch und pädagogisch ausgebildet und verfügen über langjährige Erfahrungen mit organisierter sexualisierter und ritueller Gewalt. Sie beraten beim Ausstieg und allen damit verbundenen Fragen. Sie geben Informationen und zeigen – wenn gewünscht – weitere Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung auf. Jedes Gespräch bei berta bleibt vertraulich. Der Schutz der persönlichen Daten ist zu jedem Zeitpunkt garantiert. www.berta-telefon.de