„Nein wir möchten nicht, dass du so etwas machst“. „Es ist viel zu gefährlich“ und „weißt du denn überhaupt was das kostet“ … Es ist immer wieder ätzend. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Mehrheit diese Situationen kennt: Diskussionen mit den Eltern. Genau so hat es bei mir auch angefangen, heute sind sie aber stolz auf das bisher erreichte.

Schon von klein auf wollte ich reiten lernen. Anfangs hatte es noch gereicht ein Pony zu streicheln, sein weiches Fell zu berühren und ihm einen Apfel zu geben. Doch als ich vier wurde, konnte ich meine Eltern überreden, einmal in der Woche 45 Minuten lang Voltigierunterricht zu bekommen. So lernte ich den Umgang mit dem Pferd kennen. Wie man es von der Koppel in die Box holt, welche Bürste man zum Putzen wann und wo verwendet und wie man sattelt.

Mit fünf bekam ich richtigen Reitunterricht. Es dauerte seine Zeit doch irgendwann konnte ich das Pony unter mir auch ganz alleine kontrollieren. Ich fing an meine Eltern mit allen Mitteln, die mir in den Kopf kamen zu nerven, ich wolle ein eigenes Pferd haben. Es war nicht nur eine Phase von mir. Nein die Frage „wann bekomme ich endlich ein Pferd gekauft“ fiel fast täglich. Jedes Jahr verzichtete ich auf andere Wünsche und so stand Jahr für Jahr auf dem Wunschzettel für den Weihnachtsmann meist nur der Wunsch vom eigenem Pferd drauf. Zwischenzeitlich hatte ich eine Reitbeteiligung mit einer Freundin zusammen. Dadurch erfüllte sich ein kleiner Traum von uns beiden. Zusammen besuchten wir das kleine Pony und kümmerten uns um es, als wäre es unser Eigenes.

© Maria Klag

Mit der sechsten Klasse stand der Wechsel von meiner Grundschule auf eine weiterführende Schule an. Die Verwandten erklärten meine Eltern für verrückt, denn sie fanden, dass meine Eltern mir zu viel Freiraum in der Wahl meiner nächsten Schule ließen. Doch was ich mir einmal in den Kopf gesetzt hatte, das ließ ich so schnell nicht wieder los. Und letztendlich bestand ich den Aufnahmetest an der Prinz – von Homburg – Schule, einer Schule, die Reiten als Unterrichtsfach in den Stundenplan integriert hat.  Es war nicht einfach, denn auch wenn ich schon früh angefangen hatte, konnte ich mit elf noch nicht gut reiten. Da die Schule aber ziemlich weit entfernt von meinem Wohnort ist, entschloss ich mich zusammen mit meinen Eltern auch das dortige Internat zu wechseln. Täglich ritt ich Schulpferde vom Gestüt. Ich befand mich auf dem Niveau der Klasse E und hatte noch keine Turniererfahrungen. Im Gegensatz zu meinen Mitschülern, die schon durchaus weiter waren als ich. Von Woche zu Woche wurde ich besser und arbeitete mich hoch.

Ab der neunten Klasse gehört es dazu ein eigenes Pferd zu besitzen, mit dem man im Unterricht teilnimmt. Zusammen mit meiner Trainerin und meinen Eltern fuhren wir in verschiedene Reitställe um dort Pferde probe zureiten. Es war nicht leicht, denn den Geldbeutel meiner Eltern war nicht sonderlich groß. Auch weil das Pferd etwas können muss und nicht Irgendeines sein darf. Ich ritt trotzdem alle Pferde die infrage kamen, um eine besseres Gefühl für das Richtige zu bekommen.

© Maria Klag

Ich setzte mich auf das vierzehnte Pferd drauf und spürte es sofort, das ist es. Sonderlich gut funktionierte es zwar noch nicht, aber ich wusste das Sambalina das Pferd war, was ich suchte.  Um zu begreifen das sich mein großer Traum vom eigenem Pferd erfüllt hatte, brauchte es dann doch noch einige Zeit.

Heute mit vierzehn habe ich Sambalina schon seit zwei Jahren und besuche die Schule mit integriertem Reitunterricht schon bald seit vier Jahren. Es heißt oft das ein junger und unerfahrener Reiter ein älteres und erfahrendes Pferd braucht. Sambalina war mit ihren vier Jahren noch ziemlich jung und noch nicht sonderlich erfahren, genau so wie ich. 

Deshalb dauerte es auch länger bis wir im Unterricht miteinander zurecht kamen. Wir haben damals auf dem Niveau der Klasse E angefangen. Heute trainieren wir beide auf dem Niveau der Klasse M Dressur. In den letzten zwei Jahren bin ich auf vielen Turnieren gewesen und auch erfolgreich.

Klassen E, A, L, M, S :

Sind die Abstufungen des Niveaus auf dem sich Pferd und Reiter befinden können. E ist dabei leicht und S ist die schwere Klasse. Im Springen werden die Hindernisse von E nach S höher, breiter und die Parcours werden anspruchsvoller. In der Dressur werden die Ansprüche der Richter an den Reiter und Pferd höher. In einer E Dressur muss der Reiter sich nur auf sich selbst konzentrieren. Je höher die Klassen werden desto mehr muss der Reiter die Bindung zwischen ihm und dem Pferd beherrschen. Die Lektionen werden von E nach S anspruchsvoller.

An manchen Tagen bin ich am Verzweifeln und weiß einfach nicht weiter. Doch an anderen klappt das Training umso besser. Sambalina und ich sind zu einem Team geworden. Die Entscheidung ein Pferd zu besitzen ist schnell getroffen, aber den Weg gemeinsam zu gehen ist mit vielen Hindernissen verbunden. Denn nicht nur das Pferd an sich kostet viel, sondern auch die Ausrüstung, das Futter, der Hufschmied, die Box pro Monat und die Tierarztkosten. Der Pferdesport ist eine der teuersten Sportarten die es gibt. Geld zu haben ist die eine Seite, trotzdem benötigt man auch den Ehrgeiz weiter zu machen obwohl es manchmal hoffnungslos scheint.

Speziell auf den Reitsport bezogen geht es auch nicht immer fair für Pferd und Reiter zu. Es gibt vieles was ich gerne ändern würde. Doch wenn man ein Kämpfer ist, dann ist man der Richtige für den Reitsport. Sollte man keiner sein, so kann man mit Ehrgeiz trotzdem einer werden. Mit Pferden kann an viel erreichen. Sie dienen für mich als Freund, denn ich kann meinem Pferd alles erzählen, so lustig es sich auch anhört. Mein Pferd ist mein Partner. Das ist das ganz Besondere am Reitsport. Es ist ein Sport, bei dem ich mit jemandem zusammen arbeite und trainiere, mit dem ich nicht sprechen kann. Wir müssen uns über unsere Körpersprache lautlos und meistens unsichtbar verständigen. Ich muss wissen, wie ich meinem Pferd sage was ich gerade von im möchte. Andererseits muss ich auch verstehen können, was mein Partner antwortet.

Ob es gerade noch nicht der richtige Zeitpunkt ist mit der nächsten Lektion zu beginnen, oder ob er gerade lieber eine Runde Schritt braucht zum verschnaufen. Es ist ein Geben und Nehmen, blindes Vertrauen.

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Trotzdem ist es ein Lebewesen  und das Vertrauen sollte ständig aufs neue hinterfragt werden. Denn der Umgang mit Pferden ist definitiv nicht ungefährlich. Es benötigt ein ausgewogenes Verhältnis von Mut und Einsicht, denn wenn man eine Situation nicht richtig einschätzt, kann vieles schief gehen.

Es ist egal ob es draußen stürmt oder ich mich nicht gut fühle. Täglich fahre ich zu Sambalina und bewege sie.  Abgesehen davon muss ich mich auch selbstständig um einen Trainingsplan kümmern, die Termine von Tierarzt, Zahnarzt, Hufschmied und Turnieren selbstständig planen und organisieren. Es ist schwer da noch Schule, Familie und Freunde zu berücksichtigen.

Durch die Verbindung mit den Pferden bin ich ein anderer Mensch geworden. Selbstbewusst, zielstrebig, feinfühlig, sensibler, ausgeglichener, orientiert, verlässlich, belastbar, führungs- und durchsetzungsstark. Diese Eigenschaften sind bei Reitern wesentlich ausgeprägter als bei Nichtreitern, wovon ich profitiere.

Ich frage mich heute oft, was aus mir geworden wäre, hätte ich nicht diesen Weg eingeschlagen. Doch ich bin mir sicher, dass ich den Richtigen gewählt habe. Denn die Vorstellung mit dem Reiten auf zu hören fühlt sich schrecklich an. In der nächsten Saison möchte ich Sambalina in der Klasse M Dressur vorstellen, umso in die Nachwuchs-Förderung aufgenommen zu werden. Somit bekomme ich bis zu meinem Abitur in drei Jahren die Unterstützung durch Trainer, um schließlich in den Landesjugendkader für Dressur aufzusteigen.

© Maria Klag

Die Disziplinen des Reitens

Voltigieren: Beim Voltigieren handelt es sich um eine Sportart, bei der turnerische und akrobatische Übungen auf einem sich an einer Longe im Kreis bewegenden Pferd ausgeführt werden.

Dressur: Ist eine Disziplin des Pferdesports, bei der die natürlichen Veranlagungen des Pferdes durch gymnastische Übungen gefördert und verfeinert werden. Das Dressurreiten hat das durchlässige Pferd zum Ziel, das auf minimale Signale (Hilfen) hin zum exakten Ausführen einer gewünschten Aufgabe (Lektion) veranlasst werden kann.

Springreiten: Ist eine Disziplin des Pferdesports, bei dem Pferd und Reiter einen aus mehreren Hindernissen bestehenden Parcours in einer festgelegten Reihenfolge überwinden.

Vielseitigkeitsreiten: Ist eine Disziplin des Pferdesports. Diese besteht aus drei Teilen. Springreiten, Dressur und Gelände.

Vierkampf: Vierkampf ist eine Mehrkampfsportart. Sie besteht aus vier Disziplinen. Drei Kilometer Geländelauf, 50 Meter Freischwimmen die vom Reiter bewältigt werden, Dressur und Springreiten mit dem Pferd zusammen. Ist ein Mannschaftssport wird aber teilweise auch als Einzelwettkampf betrieben.

Moderner Fünfkampf: Ist eine Vielseitigkeits-Sportart die fünf verschiedene Einzeldisziplinen in Form eines Mehrkampfes kombiniert. Die Disziplinen sind Pistolenschießen, Degenfechten, Schwimmen, Springreiten und ein Querfeldein-Lauf.

Text // Maria Klag