Ich schlug zu, immer und immer wieder und so fest ich konnte.

„Schneller, schneller, du musst schneller zuhauen“, hörte ich wie Svonko mich anfeuerte. Also schlug ich schneller und versuchte noch mehr Kraft aufzubringen und immer in Bewegung zu bleiben, denn auch wenn der Sandsack nicht zurückboxen konnte, haben die Trainer ziemlich häufig betont, wie wichtig ständige Bewegung ist um für einen Gegner schwerer zu treffen zu sein.

Drauf los schlagen oder sich sinnlos prügeln – so stellen sich die meisten Kickboxen vor (du vielleicht auch). Aber Kickboxen ist mehr als nur prügeln…es vereint Boxen und Techniken aus Karate, Tea Kwon Do und Kung-Fu, denn du sollst die Schläge und Tritte nicht nur kraftvoll sondern auch präzise ausführen. Als ich damit vor 3 Jahren begonnen habe, wollte ich nur fitter werden aber nach einiger Zeit merkte ich, dass auch mein Selbstbewusstsein gestiegen war, meine Haltung besser wurde und ich konditionell und kraftmäßig besser in Form war.

Bis vor einiger Zeit war Boxen und auch Kickboxen von Männern dominiert, aber seitdem die 23-fache Weltmeisterin Christine Theiss, und derzeitige „The biggest Loser“ –Moderatorin, den Kickbox-Sport durch zahlreiche Kämpfe bei „RAN-boxen“ fernsehtauglich gemacht hat, wird dieser populärer und auch bei Mädchen beliebter, oft um sich fit zu machen. Denn anstrengend ist Kickboxen auf jeden Fall! Viele aktuelle Fitness-Programme beinhalten Elemente und Übungen aus diesem Sport weil diese den ganzen Körper trainieren und auch die Koordination schulen.

Also auf zum Training! Aber bevor es richtig losgeht muss man sich wie bei jeder Sportart richtig aufwärmen; das heißt hier erst einmal mehrere Runden im Trainingsraum laufen, dann geht es ans Seilspringen und abschließend einige Kraftübungen wie Liegestützen, Kniebeugen und Situps. Als nächstes ist Schattenboxen angesagt. Schattenboxen ist ein Kampf gegen einen unsichtbaren Gegner oder gegen das eigene Spiegelbild. Gleich geht es in die vollen! Aber Sicherheit geht vor also zuerst einmal schnell zur Tasche. Gut, dass man die Hände und Finger schon vor dem Training mit Bandagen umwickelt hat, so braucht man die Handschuhe nur drüberziehen. Jetzt noch den Mundschutz rein, um sich das lückenlose Lächeln zu bewahren und eventuell noch den weichen Helm mitnehmen falls es später ein paar Übungen gibt bei dem es hohe Kicks gibt. Jetzt geht es aber ans Sparring also das Duell mit einem Partner. Hierbei geht es aber nicht darum den Gegner jetzt so schnell wie möglich auf die Bretter zu schicken (obwohl im Trainingsraum Teppich liegt) sondern vielmehr gezeigte Kombinationen umzusetzen. Diese werden vorab von einem Kampfduo der Gruppe vorgezeigt und die Schlagkombis und Kicks macht man dann mit dem Partner nach. Meistens werden diese Übungen auch nur im Leichtkontakt durchgeführt, weil man beim Leichtkontakt die gezielten Schläge und  Tritte mit wenig Kraft ausführt. Im Gegensatz zum Vollkontakt, bei dem man mit voller Power durchzieht um den Gegner möglichst schnell auf die Bretter zu schicken. Aber selbst wenn man, wie die Erfahrenen in den Gruppenstunden auf volle Power geht, ist das Verletzungsrisiko nicht so hoch wie man meint, die vorher angelegte Schutzkleidung ist nämlich für jeden verpflichtend. Am Anfang traut man sich manchmal noch nicht mit einer anderen Person zu üben, dann kann man an den Sandsack gehen um die Bewegungsabläufe im eigenen Tempo ein zu studieren.

Wenn sich dann nach einer Stunde alle so richtig ausgepowert haben, und man nach einigen Dehnübungen in die Umkleide kommt, hat man einen freien Kopf und ist extra entspannt. Zwar ist das Training anstrengend aber man wird nach einiger Zeit richtig fit und ich habe gemerkt, dass ich mich schnell sicherer gefühlt habe, wenn ich nachts alleine von der S-Bahn heimgehe. Weil ich erstens mehr Selbstbewusstsein habe und zweitens auch wüsste, wie ich mich gegen Grapscher oder aufdringliche Leute wehren könnte. Dadurch habe ich auch eine ganz andere Körperhaltung und werde überraschenderweise viel weniger angelabert und wenn mich doch mal ein Typ ungewollt anmacht, kann ich viel cooler kontern.

Kickboxen ist langsam im Breitensport angekommen. Es macht nicht nur fit sondern stärkt den ganzen Körper außerdem bekommt man ein gesundes Selbstvertrauen und ich habe gemerkt, was ich alles schaffen kann!

Marie Lang – junger aufstrebender Stern in der Kickboxszene-

Michaela, Jugendredakteurin von m80, spricht mit der Sportlerin

m80: Wie bist Du zum Profiboxen gekommen?

Marie: 2003 habe ich mit dem Kickboxen begonnen. Ich habe eigentlich nur einen Sport gesucht, bei dem ich mich fit halten kann. Zu Beginn habe ich nie ans kämpfen gedacht. 2005 habe ich mich dann doch entschieden einen Kampf zu bestreiten und war so begeistert, dass ich einfach weitermachen wollte. Im Studium, für das ich nach München gezogen bin, hatte ich den ersten Kontakt zum Stekos Kampfsportzentrum. Nach dem Studium zog ich erstmal wieder zurück in meine Heimat Lemgo. 2013 kam das Angebot auf der Stekos Fight Night zu kämpfen. Dieses Angebot wollte ich natürlich nicht ablehnen und so kam es 2014 zu meinem ersten Profi Titel im Kickboxen.

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m80: Was hat dich daran begeistert/ fasziniert?

Marie: Kickboxen ist ein super Sport um den kompletten Körper zu trainieren. Außerdem war ich fasziniert was für unterschiedliche Menschen sich fürs Kickboxen begeistern. Vom Professor bis zum Handwerker ist alles dabei. Das finde ich toll.

m80: Kann Kickboxen jeder machen (zumindest Hobbymäßig)?

Marie: Ja natürlich! Man braucht keine bestimmten Voraussetzungen für das Kickboxen. Es kann jeder beim Training vorbeischauen, egal welches Alter.

m80: Du unterstützt „boxt euch durch München“. Was ist das und wie bist du darauf gekommen?

Marie: Boxt Euch durch München ist eine Tageseinrichtung für Kinder und Jugendliche – auch unbegleitete Flüchtlinge – im Alter von 12 bis 17 Jahren. In dieser Einrichtung haben die Kinder die Möglichkeit nach der Schule ein warmes Mittagessen zu bekommen, ihre Hausaufgaben zu machen und als sportliche Aktivität zu kickboxen. Das Kickboxen ermöglicht den Kindern Aggressionen abzubauen und ihr Selbstvertrauen zu stärken. Das Projekt finanziert sich ausschließlich durch Spenden und ehrenamtliche Helfer. Ich finde, dass das eine tolle Sache ist und unterstütze dieses Projekt als Schirmherrin. Infos gibt es unter www.boxt-euch-durch-muenchen.com.

m80: Die Unsicherheit, gerade bei jungen Mädchen, steigt zurzeit ja, dass Sie nachts auf leeren Straßen angepöbelt oder begrapscht werden. Gewinnt man bei Kickboxen Sicherheit bezüglich solchen Situationen und wie verhalte ich mich richtig wenn das mir passiert? 

Marie: Ich selbst war eher schüchtern, bevor ich mit dem Kickboxen begonnen habe. Ich bin durch den Sport viel selbstbewusster geworden. Dieses Selbstbewusstsein strahlt man natürlich auch nach Außen aus und wird nicht so schnell zum Opfer solcher Taten. Ich denke schon, dass man durch das Kickboxen sicherer für den Ernstfall wird. Mein Tipp für so einen Fall: den Überraschungseffekt durch einen gezielten Treffer ausnutzen und versuchen andere Menschen auf sich aufmerksam zu machen.

m80: Wie sehen Deine nächsten Karriereschritte aus?

Marie: Meine nächste Titelverteidigung wird voraussichtlich Ende September sein. Ich habe unterschiedliche Projekte wie z. Bsp: Moderieren, Soziale Projekte u.a., mit denen ich mich zur Zeit beschäftige.

Text und Interview // Michaela Dehoff