Wenn der Abschluss geschafft ist, haben viele Schüler keine Lust, unmittelbar in Ausbildung oder Studium zu starten.

Sie wollen lieber eine „Auszeit“ nehmen vom Lernstress und etwas Abstand vom bisherigen Alltag bekommen. Oft weiß man auch direkt nach der Schule noch gar nicht, was man studieren oder später mal beruflich machen möchte.

Immer mehr Jugendliche entschließen sich deshalb, ein halbes oder ganzes Jahr Freiwilligenarbeit zu leisten. Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten. Am bekanntesten sind der BFD (Bundesfreiwilligendienst) und das FSJ (Freiwilliges Soziales Jahr). Weniger bekannt, aber kein Druckfehler in der Headline, ist das FÖJ (Freiwilliges Ökologisches Jahr). Der Unterschied zwischen FSJ und FÖJ liegt im Wesentlichen schon im Namen. Im Sozialen Jahr arbeitet man mit Menschen. Man hilft etwa in Kindergärten, Krankenhäusern oder Behinderteneinrichtungen aus. Im Ökologischen Jahr engagiert man sich für Natur und Umwelt. Stellen werden häufig von Naturschutzorganisationen ausgeschrieben. Die Arbeit hier zielt im Besonderen auf den Erhalt einer lebenswerten Umwelt ab.

Anna Leitner war Schülerin der Fachoberschule in Karlsfeld. 2015 hat sie ihr Abitur gemacht. Zu diesem Zeitpunkt wusste sie noch nicht, wie es ausbildungstechnisch weitergehen sollte. Da Anna sich schon länger für das Thema Umweltschutz interessiert und weniger Lust auf soziale Arbeit in der Pflege hatte, informierte sie sich im Internet über das FÖJ in Bayern. Die Website www.foej-bayern.de stellt nicht nur allgemeine Informationen zum Freiwilligen Jahr bereit, sondern listet auch mögliche Einsatzstellen auf. Außerdem kann man ein Bewerbungsformular herunterladen. Dieses sendet man dann an eine der drei großen Trägerorganisationen für das FÖJ in Bayern. Der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ), die Evangelische Jugend in Bayern (EJB) und die Jugensorganisation Bund Naturschutz (JBN) versuchen jeweils, den Freiwilligen an seine Wunscheinsatzstelle zu vermitteln.

Bei Anna hat es geklappt. Seit September arbeitet sie bei der Münchner Umweltschutzorganisation Green City e.V.. „Ich komme aus München und kannte viele der Aktionen von Green City schon vorher. Die fand ich ziemlich cool und wollte da mal hinter die Kulissen schauen“, erklärt Anna.

Die Organisation hat es sich zum Ziel gesetzt, München grüner und lebenswerter zu machen. Ihre Hauptaktionsfelder sind Mobilität, Stadtgestaltung, Umweltbildung und Klimaschutz. Das Team macht sich den Radwegausbau in München stark, organisiert Demos gegen Kohlekraft, veranstaltet Workshops zum Thema Umweltbewusstsein in Schulen, betreibt Gartenbauprojekte in der Stadt und vieles mehr. „Einen richtigen Arbeitsalltag habe ich nicht“, erzählt Anna, „Es ist immer anders, deshalb macht mir die Arbeit so viel Spaß“.

Zusammen mit einer zweiten FÖJlerin, Lena Reitinger, kümmert Anna sich um den Empfang und die laufende Büroarbeit in der Hauptgeschäftstelle Lindwurmstraße 88. Telefon, E-Mail und Post sind der eher trockene Teil der Arbeit. Viel lieber ist die 19-jährige mit der Organisation von Events beschäftigt. Ganz ohne Unterstützung müssen Lena uns sie Kleidertauschparties organisieren. „Wenn man wirklich für alles selbst verantwortlich ist, lernt man sehr viel, das mit Organisation zu tun hat. Das hilft einem auch für die eigene Persönlichkeit“, betont Anna. Zur nächsten Kleidertauschparty am 7. Juni sind natürlich wieder möglichst viele junge Münchner eingeladen.

Zu Lenas Lieblingsaufgaben zählen die Durchführung von Workshops und die Klimaküche, bei der mit ganz unterschiedlichen Menschen nachhaltig gekocht wird. „Vor ein paar Wochen haben wir mit dem Britischen Konsulat gekocht. Die Leute da haben die ganze Zeit Englisch gesprochen und waren so nett. Das war ganz toll.“, erzählt sie. Auch Anna berichtet davon, wie viele unterschiedliche spannende Persönlichkeiten sie während ihrer Zeit bei Green City schon getroffen hat. „Hier habe ich erst so richtig die Bedeutung von Networking erkannt“, berichtet sie. Anna ist sich sicher, dass ihre Bekanntschaften ihr später im Berufsleben helfen können.

Als FÖJ-ler hat man eine Arbeitswoche von 40 Stunden. Lena und Anna können sich diese Zeit relativ frei einteilen. Wenn sie abends noch ein Event betreuen, können sie an einem anderen Tag früher Feierabend machen. Urlaub haben die beiden 26 Tage im Jahr. Dazu kommen drei Orientierungstage, an denen sie auf Berufsmessen oder zu Bewerbungsgesprächen fahren dürfen. Denn das FÖJ soll den Jugendlichen immer auch die Möglichkeit bieten, sich Gedanken über ihre Zukunft zu machen. Anna und Lena beklagen zwar, dass die Zeit dafür bei einer 40-Stundenwoche etwas knapp wird, dennoch haben beide mittlerweile Pläne „für später“. Anna möchte auch jeden Fall weiterhin mit Eventmanagement zu tun haben. Verschiedene Studiengänge hat sie sich schon angesehen. Außerdem interessiert sie sich als Weißweinliebhaberin für den besonderen Studiengang Weinbetriebswirtschaft.  Auch Lena hat für sich ein Studium ins Auge gefasst. Mit den Fächern Germanistik und Kulturwissenschaft wünscht sie sich, später an einer Universität arbeiten zu können.

Doch vorher haben die beiden Mädchen noch einige spannende Monate bei Green City vor sich. Nächsten Montag geht (bei gutem Wetter) die AOK-Blade-Night in die neue Saison. Jeden Montagabend haben dann Skatebegeisterte aus München und Umgebung die Möglichkeit, auf für Autos gesperrten Straßen durch die Stadt zu bladen. Der Radiosender afk M94,5 und viele tolle Livebands sorgen für gute Stimmung entlang der Strecke. Neben dem Spaßfaktor dient die Aktion auch noch einem guten Zweck. Green City verkauft Teilnehmerarmbänder für 2€ das Stück als „freiwillige Startgebühr“. Das Geld fließt in die Umweltarbeit der Organisation und ist die Investition wirklich wert.

Auf die Frage, ob sie das FÖJ weiterempfehlen würden, antworten sowohl Anna als auch Lena mit einem eindeutigen Ja! Man sollte Motivation und Engagement mitbringen, dann kann man viel über sich selbst lernen und eine Menge toller Erfahrungen für das ganze Leben. Allerdings ist es wichtig, die richtige Einsatzstelle zu wählen. Mit Green City e.V. haben die Mädchen alles richtig gemacht.

Fünfmal im Jahr finden für die FÖJ-ler verpflichtende Seminarwochen statt. Dann treffen sie sich  in Jugendhäusern an verschiedenen Orten in Bayern, teilen ihre Erfahrungen, machen Ausflüge und schließen Freundschaften. Insgesamt muss man also sagen, dass auch im FÖJ die soziale Komponente absolut nicht außen vor gelassen wird.

Wer sich für Tier und Pflanzenschutz, fairen Handel oder Umweltbildung interessiert und noch nicht genau weiß, was er nach seinem Abschluss anfangen will, der sollte sich ganz schnell an den Computer setzten, denn einige Einsatzstellen haben für den Start im September 2016 noch Plätze frei!

Text // Julia Dade