
© KFZ Innung
Michaela Seibald ist mit 19 Jahren die jüngste Kfz-Meisterin in Bayern, vermutlich in ganz Deutschland. Mit Klischees wie „Überlebenskampf in einer Männerdomäne“ kann sie nicht viel anfangen. Sie hat einfach Spaß am Schrauben und empfiehlt den Beruf auch anderen Frauen mit Spaß an Technik.
Michaela Seibald ist erblich vorbelastet. „Ich hab schon als Kind häufig in der elterlichen Werkstatt mit geschraubt und den Kopf lieber unter die Motorhaube als hinter ein Buch gesteckt“, erzählt die junge Frau. Nach der Realschulabschluss war für sie das Thema Schule dann erstmal erledigt. „Ich hatte einen sehr guten Abschlussschnitt. Aber für ich hatte keine Lust auf Fachoberschule und Abi und wollte etwas arbeiten, was mir Spaß macht und damit mein eigenes Geld verdienen.“ In welche Richtung ihr Berufswunsch ging, war dabei angesichts der familiären Prägung von Anfang an klar. „Mein Vater ist seit 25 Jahren mit seinem eigenen Betrieb selbstständig. Ich bin quasi zwischen zerlegten Motoren und Getrieben groß geworden und habe schon als Kind gern mitgeschraubt. Also stand der Wunsch nach einer Lehrstelle als Kfz-Mechatronikerin von vornherein fest.“
Auch dabei folgte Michaela Seibald der Familientradition. Denn in ihrem Lehrbetrieb, der VW-Audi-Niederlassung der MAHAG in Ottobrunn südlich von München, hatte nicht nur ihr Bruder, sondern auch ihr Vater das Kfz-Handwerk erlernt. Vater und Bruder arbeiten heute in der vom Vater gegründeten Mehrmarkenwerkstatt in Ottobrunn, in die nun auch die frisch gebackene Meisterin Michaela Seibald eingestiegen ist. Mit Vater und Bruder unter einem Dach, sind Konflikte da nicht vorprogrammiert? Michaela Seibald lacht. „Klar, sind wir schon mal unterschiedlicher Meinung, aber wir kennen uns auch gut und können uns blind aufeinander verlassen“.
Eine Sonderstellung genieße sie nicht, weil sie als Frau in einer Kfz-Werkstatt arbeite. „Das fände ich auch blöd. Ich habe die gleiche Ausbildung wie mein Vater und mein Bruder und mache die gleichen Arbeiten wie sie. Warum sollte ich dann anders behandelt werden?“ Auch die meisten Kunden fänden es völlig normal, sich in technischen Fragen zu ihrem Auto von einer Frau beraten zu lassen. Im Gegensatz zu ihrer Lehrausbildung hat Michaela Seibald heute in der Werkstatt des Vaters deutlich mehr Kundenkontakt. Und das genießt sie. „Ich gehe gern mit Menschen um und die Kunden reagieren in der Regel sehr positiv, wenn ich ihnen erkläre, warum für ihr Fahrzeug eine bestimmte Reparatur erforderlich ist“. Die Größe des Betriebes und die Vielfältigkeit der Aufgaben bringt es mit sich, dass Michaela Seibald auch mal im Büro aushelfen muss. „Büro ist nicht so mein Ding. Aber manchmal muss man eben auch eine Rechnung schreiben oder die Teile für einen Auftrag bestellen“. Am liebsten kümmert sie sich um größere Reparaturfälle.
„Ein Zahnriemenwechsel, eine neue Nockenwelle einbauen und dazu den halben Motor zerlegen, das sind Arbeiten, die ich besonders mag“. Zudem hat sie ein Faible für die Fahrzeugdiagnose. Arbeiten an Motoren und Getrieben erfordern häufig viel Kraftaufwand und sind mit Verunreinigungen durch Öle und Fette verbunden. Für Michaela Seibald sind das keine Argumente, nicht als Frau in einer Werkstatt zu arbeiten. „Okay, wer sich von morgens bis abends die Fingernägel manikürt, ist in der Werkstatt sicher fehl am Platz.“ Aber gegen ölige Finger gebe es sehr wirksame Reinigungspasten. „Und was du an Kraft nicht in den Armen hast, musst du eben im Kopf haben.“ Zudem werde das Thema Gesundheitsschutz der Mitarbeiter in den Betrieben heute sehr ernst genommen. Für viele schwere Arbeiten, beispielsweise bei Motoren- und Getriebearbeiten, gebe es spezielles Hebezeug zur Entlastung der Mitarbeiter.
Mit den Klischees von typisch männlichen und typisch weiblichen Berufen kann Michaela Seibald ohnehin nichts anfangen. „Klar, am Anfang ist es merkwürdig, wenn du in der Meisterklasse von 63 Teilnehmern die einzige Frau bist. Aber letztlich ist entscheidend, was du kannst und wie du mit den Leuten umgehst. Für mich war die Meisterausbildung von Februar bis Oktober 2017 eine sehr coole Zeit, in der ich viele gelernt habe.“
Für ihre Zukunft hat sie klare Vorstellungen. „Privat steht auf jeden Fall der Wunsch irgendwann zu heiraten und Kinder zu bekommen, ganz oben. Aber natürlich möchte ich auch als Mutter später weiter im Kfz-Gewerbe arbeiten. Dabei kann ich mir sehr gut eine Tätigkeit als Gutachterin vorstellen. In diese Richtung möchte ich mich weiterbilden.“ Das Kfz-Gewerbe – a man´s world? Das war einmal.