Ein großes, lichtdurchflutetes Atelier. In der Mitte des Raumes steht eine weiße, straff gespannte Leinwand auf einer Staffelei. Ölfarben, so weit das Auge reicht. Unzählige Pinsel liegen auf einem Beistelltisch und scheinen nur darauf zu warten, benutzt zu werden. Der erste Pinselstrich. Die feuchte Farbe glänzt auf dem Weiß, ein zweiter Strich folgt. Die feinen Borsten gleiten über das Leinen. Sanft, weich und zugleich bestimmt und kontrolliert. Farben vermischen sich, lassen Tiefen, Höhen, Kanten und Rundungen erkennen. Hier ist ein Künstler am Werk, der eine Geschichte erzählt. Ohne Worte, ohne Buchstaben. Nur mit ein wenig Farbe auf weißem Untergrund.

Um Kunst zu verstehen, muss man nicht vom Fach sein. Man kann in einem Gemälde alles sehen, was es ausdrücken will, dazu braucht man nur ein wenig Fantasie. Wer kennt nicht die Frage „Was wollte der Künstler dir mit diesem Bild sagen?“. Ich denke, dass niemand in einem Gemälde genau das sieht, was sein Schöpfer darin gesehen hat. Jeder Mensch interpretiert ein Bild anders. Manche sehen Zerstörung und manche Wiederaufbau in ein und dem selben Werk.

Man kann eine neue Welt errichten auf einem kleinen Blatt Papier. Durch die Kunst können neue Ansichten und Denkweisen entstehen. Kunst ist eine Möglichkeit, Gefühle zu zeigen. Ruhige, gerade Linien drücken Gefühle wie Liebe, Glück oder Harmonie aus, stattdessen können chaotische, wilde Muster von Hass, Enttäuschung oder Wut zeugen. Ich finde, jeder Mensch kann ein Künstler sein und jeder kann andere Menschen mit seiner Kunst erreichen, wenn er es will. Ein jeder hat das Talent in sich, das es einem ermöglicht, Leute mit seinen Gedanken und Emotionen zu berühren, die er künstlerisch festgehalten hat

Das faszinierendste an der Kunst ist meiner Meinung nach die unendliche Vielfalt an Stilen und Techniken. Diese Freiheit, alles erschaffen zu können, was man will. Schon seit Tausenden von Jahren hat Kunst eine tiefe ethnische Bedeutung in den verschieden Kulturen. In der Antike waren die Inka, Maya und Azteken Vertreter der derzeitigen Künste. Bei ihnen hat sowohl Körperbemalung als auch das Herstellen von Skulpturen eine wichtige Bedeutung im Glauben und im Leben gespielt. Jeder kennt die Begriffe Romantik und Gotik, doch nur wenige können damit etwas anfangen. Neben Literatur und Musik hat in dieser Zeit natürlich auch Kunst eine große Rolle gespielt. In der Epoche der Romantik befassten sich die Künstler mit ihren Gefühlen, ihren Sehnsüchten und griffen häufig auch die Themen Liebe und Freundschaft auf. Natürlich gibt es noch viele andere Kunstepochen und Stilrichtungen wie die Renaissance, Rokoko, Klassizismus oder auch moderne Künste wie Surrealismus oder Abstrakte Kunst. All diese Begriffe stehen für einen anderen Zeitraum in der Geschichte der Menschheit, in dem eine bestimmte Weltanschauung im Volk herrschte. Diese Einstellung hat die Künstler so sehr geprägt, dass sie mit dieser Denkweise einen neuen Stil in der Kunst erschaffen hatten.

Es liegt ein langer Zeitraum zwischen den klassischen und den modernen Kunststilen. Aus diesem Grund haben die Künstler dieser verschiedenen Epochen ganz andere Ziele und Absichten mit ihren Werken gehabt. Das Ziel der Klassik war es, durch Maß und Harmonie eine vollkommene und idealistische Schönheit zu schaffen. Im Gegensatz dazu stehen bei der modernen Kunst oft die Gedanken, Fragestellungen und Konzepte mehr im Vordergrund als die Ästhetik, also wie schön oder stilvoll das Werk ist. Es gab strenge Vorschriften und Kriterien, die beim Erschaffen von klassischen Kunstwerken befolgt werden mussten. Die moderne Kunst stieß und stößt noch immer auf Widerspruch im Massengeschmack, weil die Künstler oft provokante Themen oder obszöne Darstellungen wählen, da es keine Einschränkungen wie in der Klassik gibt. Raum für eigene Interpretationen gibt es in den klassischen Werken oft nicht oder nur wenig. Die Moderne Kunst jedoch hat das Ziel, den Betrachter dazu zu bewegen, über das Werk und dessen Aussage nachzudenken. Deshalb wollen moderne Künstler meist abstrakte und nicht gegenständliche Kunst schaffen.

Durch Kunst gesund werden? Klingt erst einmal unsinnig, doch die sogenannte Kunsttherapie ist ein guter Weg, Menschen mit psychischen Problemen oder Krankheiten zu heilen. Diese Art von Therapie entstand durch verschiedene Stilrichtungen, die Anfang des letzten Jahrhunderts vorherrschten. Die Künstler dieser Zeit ließen Unbewusstes oder Alltägliches in ihre Werke hineinfließen. Das heißt, die Gemälde sind für den Betrachter leichter verständlich, weil er sich oder seinen Alltag damit identifizieren kann. Die zeitgenössische Kunst befasste sich immer mehr mit optischen Phänomenen von Farben und Formen. Das alles trug dazu bei, dass der Weg für diese spezielle Therapie eröffnet werden konnte.

Die Kunsttherapie hilft den Patienten, ihre Umwelt unmittelbar über die Sinne wahrzunehmen und zu begreifen. Sie setzt auch an tiefen Grundbedürfnissen des Menschen an, sich gestalterisch auszudrücken oder mit anderen Patienten in der Gruppentherapie Kontakt aufzunehmen. In solchen kunsttherapeutischen Prozessen können Selbstheilungskräfte aktiviert und positive Veränderungen angeregt werden. Diese Art der Therapie hilft Menschen mit psychischen Problemen wie etwa Depressionen oder Lebenskrisen. Kunsttherapie kann dazu beitragen, Krankheiten zu verarbeiten, die Selbst- und Fremdwahrnehmung zu verbessern und die Lebensfreude zu steigern. Ich finde diese Therapiemöglichkeit sehr faszinierend. Meiner Meinung nach ist die Kunsttherapie eine sehr gute Alternative zu anderen Therapien. Menschen, die beispielsweise ein Aggressionsproblem haben, lernen in dieser Therapie, ihre Gefühle in Bildern auszudrücken und nicht an der Außenwelt auszulassen. Es ist wichtig, seine Emotionen – seien sie gut oder schlecht – loszuwerden, aber auf eine harmlose Art und Weise. Hierfür ist die Kunsttherapie genau richtig. Sie zeigt den Patienten, dass Malen eine gute Möglichkeit ist, sich von Lasten und Problemen zu befreien.

Es wird deutlich, dass Kunst weit mehr als ein paar Pinselstriche ist. Sie ist eine Welt für sich. Eine Welt voller Emotionen, Gefühle, Widersprüche und Deutungen. Kunst verändert sich zwar im Laufe der Zeit, aber sie wird immer da sein.

Text // Maria Widmann