
© Florian Lintz, www.bfl-relations.de
Gemeinsame Zeit, wie bei einer Tour in den Ruhpoldinger Bergen, bietet Psychologe Alexander Horzella Gelegenheit, sich mit den Teenager auszutauschen.
Es gibt Dinge, die heranwachsende Kinder und Jugendliche lieber mit anderen als den Eltern besprechen. Das kommt in nicht wenigen Familien vor – auch im Caritas Kinderdorf. Hierfür hat die Einrichtung am Irschenberg schon vor geraumer Zeit offene Gruppenangebote getrennt für Mädchen und Buben etabliert.
Die Kinder und Jugendlichen im Caritas Kinderdorf in Irschenberg leben in gemischt geschlechtlichen Kinderdorfgruppen zusammen mit ihren Hausmüttern bzw. –eltern, Erzieherinnen und Erziehern. Sie sind ihre Bezugspersonen, oftmals weibliche. Sie geben ihnen Sicherheit, Geborgenheit und sorgen für einen strukturierten Alltag. Wenn sie Fragen, Sorgen oder Probleme haben, dann finden die Mädchen und Jungen dort ein offenes Ohr. Doch gerade in der Pubertät tauchen auch Fragen auf, die man nicht gerne im Kreis der Kinderdorffamilie sondern lieber mit einer Vertrauensperson und Gleichaltrigen bespricht.
Geschlechtssensible Pädagogik im Caritas Kinderdorf Irschenberg
Für Mädchen zwischen neun und zwölf Jahren bietet Melanie Papert, Erzieherin und ausgebildete Genderpädagogin im Kinderdorf, alle zwei Wochen eine Mädchengruppe an. Die Gruppe ist offen für Mädchen des Kinderdorfes und deren Freundinnen außerhalb des Kinderdorfes. Durch gemeinsame Aktivitäten wie Billardspielen, Kochen oder auch Ausflüge, z.B. zum Schwimmen, wird gegenseitiges Vertrauen geschaffen,das die Basis für eine offene Auseinandersetzung mit persönlichen Themen und Problemen ist.
Für Mädchen ab zwölf Jahren hat die Diplompsychologin Annalena Koytek den Jugendtreff „4you“ ins Leben gerufen. Der wöchentliche Jugendtreff wird ebenfalls von Mädchen aus dem Caritas Kinderdorf und der Umgebung genutzt. Viele von ihnen befinden sich vor bzw. mitten im Entwicklungsschritt vom Mädchen hin zur jungen Frau. Da auf sie damit vollkommen ungewohnte Lebensaufgaben und Probleme, wie der Umgang mit den körperlichen Veränderungen und der eigenen Sexualität, neue persönliche Bedürfnisse und Krisen oder die Entwicklung individueller Lebensperspektiven zukommen, wird ihnen hier gezielte Unterstützung rund um das Thema „Frau sein“ angeboten.
Weil es genauso jungen Männer in der Pubertät oftmals ein Bedürfnis ist, sich in gewissem Maße von der Familie bzw. ihrem Betreuungsumfeld zu lösen und gerade persönliche Themen außerhalb des gewohnten Umfeldes zu besprechen, wird die Jungengruppe von einer männlichen Leitung betreut. Sozial- und Genderpädagoge Michael Bichler leitet die Jungengruppen der 11- bis 13-jährigen im Kinderdorf. Hier können Fragen diskutiert werden, die die Jungen beschäftigen. Gemeinsame Abenteuerausflüge, Sport, Radtouren bilden den vertrauensvollen Rahmen, Dinge anzusprechen, die einen beschäftigen. Da tauscht man sich aus über Geschlechterrollen und Gleichberechtigung und diskutiert über traditionelle Männerbilder und moderne Bilder von Junge- und Mannsein.
„Alle unsere Gruppenangebote bieten den Kindern und Jugendlichen zusätzliche Orientierung, unterstützen sie bei ihrer Identitätsfindung und stärken ihre soziale und kooperative Kompetenz“, weiß Alexander Horzella. Der Kinderdorf-Psychologe leitet in den Ferien eine erlebnisorientierte Intensivgruppe mit Jungen zwischen 13 und 15 Jahren. Da geht es mehrere Tage auf die eigene Rabenmoosalm, mit dem Fahrrad durch Oberfranken oder zum Schlauchbootfahren auf der Isar. Und das Ganze immer mit dem Ziel: Die Kinder und Jugendlichen mit gesundem Selbstbewusstsein auszustatten. Sie gut auf ein selbstbestimmtes Leben und eine gleichberechtigte Teilhabe in der Gesellschaft vorzubereiten.

© Florian Lintz, www.bfl-relations.de
Kinderdort. Hier im Gespräch mit Alexander Horzella (Psychologe), Annalena Koytek (Psychologin), Melanie Papert (staatl .geprüfte Erzieherin) und Michael Bichler (Sozialpädagoge).